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Erlebnispädagogik nach Kurt Hahn

Erlebnispädagogisches Konzept des Wikingerhofes

 


Erlebnispädagogik nach Kurt Hahn

 

Kurt Hahn (1886-1974), der als Begründer der Erlebnispädagogik gesehen wird, hatte das Ziel, Kinder zu gesunden Tugenden zu führen. Obwohl seine pädagogischen Intentionen vor dem Hintergrund des Zeitalters der industriellen Revolution, der Reformpädagogik und der damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen zu betrachten sind, gibt es dennoch Parallelen, die Hahns Ideen für die soziale Arbeit in der Postmodernen interessant machen. Er kritisierte zu seiner Zeit folgende Entwicklungen:

 

  • den Verfall körperlicher Tauglichkeit durch die Technologisierung und mangelnde körperliche Tätigkeit

  • den Verfall von Sorgsamkeit, da moderne industrielle Produktionsmethoden traditionelles Handwerk, welches sorgsames Arbeiten erfordert, verschwinden lassen

  • Verfall von Unternehmungslust, da moderne Kommunikationstechniken Menschen in eine Zuschauermentalität drängen

  • Verfall von Empathie und Anteilnahme, da das moderne Leben hektisch und hastig verläuft

 

Die kollektiven (gesellschaftlichen) Lebensbedingungen unter denen Kinder aufwuchsen, hatten, so Hahn, eine krankmachende Wirkung auf Kinder, da das moderne gesellschaftliche Kollektiv zu wenig Anregungen in Form natürlicher Herausforderungen bereithielt, um grundlegende menschliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu vervollständigen. Als Reaktion auf dieses Problem wollte Hahn Jugendlichen Erlebnisse ermöglichen um deren verborgenen Entwicklungskräften eine Entfaltungschance zu geben. Maßgebend für den Erfolg, so seine Theorie, sollte nicht die Länge des Erlebnisses, sondern dessen Intensitätsgrad sein. Um Lernerfolge bei Jugendlichen hervorzurufen sollten die Erfahrungen prägend sein. Hahn ging davon aus, dass nur so eine Erinnerung im Gedächnis bleiben konnte, um später auf eine andere Situationen übertragbar zu sein. Die in er Erlebnispädagogik vermittelten Erlebnisse dürfen deshalb nicht das Produkt des Zufalls sein, sondern müssen Teil eines pädagogischen Gesamtplans sein, in welchen auch die Systematik des Nachahmens und Übens integriert ist. Dabei sollen zwei Effekte erzeugt werden:

 

  • das Umsetzen von Emotionen in Handlungen (im konstruktiven Sinne),

  • die Gewohnheit zur Selbstüberwindung.

 

Jene verborgenen konstruktiven Kräfte die Hahn in den Jugendlichen vermutete sollten so in verfügbare Verhaltensmuster umsetzbar werden. Den Bemühungen Hahns lag die Absicht zu Grunde das, aus seiner Sicht, theoretische und wirklichkeitsverzerrte Wissen der Schulbildung mit den persönlichen Neigungen des einzelnen Jugendlichen zu kombinieren und einen praktischen Nutzen daraus zu ziehen.
Das Idealbild, auf welches Hahn hinerziehen wollte war das eines tatkräftigen humanitär gesinnten Menschen, der sich im Gesamtkollektiv bewähren sollte. Besondere Berücksichtigung kamen dabei Werten wie Gemeinschaftssinn, Gerechtigkeit und Zivilcourage zu. Bedeutsamer als die Wissensvermittlung war für Hahn die Formung des kindlichen Charakters, welche durch Unterricht nicht erreichbar ist. Erfolgreiche Lernprozesse waren, so die hahnsche Theorie, durch konkretes und praktisches Handeln erreichbar, da ansonsten der Lebensbezug fehlt. Die Erziehungsziele Hahns bezogen sich darauf:

 

  • den menschlichen Charakter zu fördern

  • Menschen zu verantwortungsvoll denkenden und handelnden Individuen zu erziehen, die fähig sind in einer freiheitlichen, demokratischen Gemeinschaft zu leben

 

Um diese Ziele zu erreichen kombinierte die hahnsche Pädagogik vier Aktivitäten, die alle dem Aspekt des Erlebens dienen.

 

Der Dienst am Mitmenschen war eine Aktivität von der Hahn sich erhoffte, dass sie den Jugendlichen ermöglichte durch die Sorge um andere Menschen Empathie und Anteilnahme in Bezug auf Mitmenschen zu entwickeln, um so zur Sorge um sich selbst zu finden. Dazu richtete Hahn Rettungsdienste wie Wasserwacht oder Bergwacht ein. Rettungsdienste förderten die Intelligenz, die Phantasie und eröffneten die Chance die eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Außerdem stellten Rettungsdienste ein moralisches Äquivalent zum ersten Weltkrieg dar.
Im Rahmen der frühen Erlebnispädagogik galten Rettungsdienste als besonders wirksam, da davon ausgegangen wurde, dass der Einsatz der eigenen Existenz für die Gesundheit eines Mitmenschen ein neues Lebensgefühl entstehen ließ. Im Laufe der Zeit wurden die Rettungsdienste professionalisiert. Die Sorge um andere umfasst in der moderneren Erlebnispädagogik Tätigkeiten in sozialen Bereichen wie Altenpflege oder Umweltschutz.

 

Physisches Training diente, unter erlebnispädagogischen Gesichtspunkten, nicht nur dazu Selbstüberwindung, körperliche Konstitution und Mut zu entwickeln, sondern auch dazu, Selbsterforschungsprozesse zu fördern. In Bezug auf die von Hahn thematisierten Probleme diente das physische Training zum Erhalt oder zur Wiederherstellung der körperlichen Tauglichkeit.

 

Das Projekt als ein weiterer Aspekt der Erlebnispädagogik diente der Förderung von Kreativität und Selbstständigkeit sowie geistigen, technischen oder handwerklichen Fähigkeiten, um dem von Hahn kritisierten Verlust von Sorgsamkeit (hier im Sinne sorgsamen Arbeitens) und dem Verfall von Unternehmungslust entgegenzuwirken. Beispiele für Projekte in der heutigen Erlebnispädagogik wären die Pflege eines Biotops oder die Herstellung eines Videofilms.

 

Dem Organisieren und Durchführen von Expeditionen als letztem Aspekt der hahnschen Erlebnispädagogik, wird die Funktion zugewiesen, gezielt dem Verfall von Initiative und Unternehmungslust entgegen zuwirken, damit die Entschluss- und Überwindungskräfte der Jugendlichen sich entwickeln können. Fahrten mit Kajaks oder Rettungsboten oder Bergwanderungen sind typische Formen von Expeditionen. Rettungsdienste und Expeditionen sind Gruppenerlebnisse die, neben den von Hahn genutzten Wirkungen, auch die entsprechende Gruppe als Ressource anbieten, was jedoch in der hahnschen Literatur keine explizite Erwähnung findet. Beim erklettern einer Bergwand oder beim Segeln eines Kutters beispielsweise wird das Zusammenwirken einzelner Individuen als Gruppe erforderlich.

 

Zusammengefasst versucht Erlebnispädagogik durch intensive Erlebnisse den Kern der Persönlichkeit der Klienten zu treffen und diese zu verändern.

 

Obwohl Hahns Ideen aus der pädagogischen Epoche der Reformpädagogik (1890 – 1933) stammen, können diese Ideen durchaus als aktuell bedeutsam betrachtet werden, da die von Hahn kritisierten Zustände nach wie vor existieren. Der Sozialpsychologe Fridolin Kreckl beschreibt in seinem Buch „ Miteinander etwas tun, sozialpsychologische Hinweise zur Erlebnispädagogik“ folgende gesellschaftliche Veränderungen:

 

  • Natürlich gewachsene Strukturen, wie beispielsweise lebenslange Nachbarschaften oder Freundschaften sind durch einen zunehmenden Zerfall bedroht, da die soziale Mobilität die Bedingungen für deren Existenz zerstört.

  • Das Bedürfnis nach Individualität und Selbstverwirklichung führt zum Verlust von Solidarität und Gemeinschaftssinn.

 

Die von Kreckl aufgeführten Thesen passen zu Hahns Kritik hinsichtlich des Verfalls von Empathie und Anteilnahme. Die soziologischen Entwicklungen der Postmodernen umfassen ähnliche Zustände wie die von Hahn kritisierten Missstände. Hinsichtlich des Freizeitverhaltens Jugendlicher macht sich ein Trend bemerkbar der immer stärker zur Nutzung elektronischer Medien tendiert. Im Jahre 1991 verbrachten 17, 8 % der weiblichen Jugendlichen und 36;8 % der männlichen Jugendlichen ihre Freizeit am Computer. Bis 2004 stiegen diese Zahlen auf 64 % bei weiblichen Jugendlichen und 78 % bei männlichen Jugendlichen an. Allgemein betrachtet geht dieser Trend mit dem Verfall anderer, weniger anomymisierter und sozial aktiverer Freizeitaktivitäten einher, was sich im hahnschen Sinne durchaus als Verfall von Unternehmungslust deuten lässt. Medizinische Statistiken zeigen, dass ein Drittel aller Kinder in Deutschland unter Übergewicht leiden.
Auc
h wenn Hahns Kritik am Zerfall körperlicher Tauglichkeit einen anderen Bezug hatte, so ist sie doch auf die heutige Situation übertragbar. Hahns Kritik am Zerfall von Sorgsamkeit bezog sich auf handwerkliches Geschick im beruflichen Alltag. In der Postmodernen manifestiert sich dieser Zusammenhang in Form von Schulmüdigkeit und Leistungsverweigerung seitens der Jugendlichen. Auch unter postmodernen Lebensbedingungen existieren die von Hahn thematisierten Probleme noch und geben somit Hahns pädagogischem Konzept nach wie vor Bedeutung.

 

Erlebnispädagogisches Konzept des Wikingerhofes

Allgemein betrachtet verbindet das pädagogische Konzept des Wikingerhofes erlebnispädagogische und lernpsychologische Vorgehensweisen miteinander. Maßgebend ist dabei zunächst ein Stufenmodell, an welchem sich Klienten orientieren müssen. Ein Klient, der beispielsweise im Rahmen einer Kurzzeitpflege untergebracht wird, bekommt zunächst einen bestimmten Status zugesprochen. An jedem Status sind entsprechende Pflichten und Privilegien geknüpft. Den Aufstieg in den nächst höheren Status zu erreichen ist an normkonformes Verhalten und die Erfüllung bestimmter Pflichten ( die Erledigung aufgetragener Arbeiten, regelmäßiger Schulbesuch, usw. ) geknüpft, wodurch dieses Verhalten konstruktiv verstärkt wird. Erlebnispädagogische Aktivitäten sind somit keine isolierten Aktionen sondern Teil eines Gesamtplans.


Angebote/ Aktivitäten

 

1. Bogenschießen als erlebnispädagogische Aktivität fördert die Entwicklung des eigenen Körpergefühls, der Konzentrationsfähigkeit sowie das Erleben von Selbstwirksamkeit, da vergleichsweise schnelle Erfolge möglich sind. Dabei wird bewusst auf den Gebrauch moderner Sportbögen verzichtet, da diese Waffen zu stark technisiert sind, und dem jeweiligen Benutzer zu wenig Anpassung abverlangen. Moderne Sportbögen sind häufig mit Ausgleichsgewichten, einem Rollensystem und einem Schussfenster ausgestattet, so dass das Zuggewicht des Bogens nicht vom Benutzer selbst aufgebracht werden muß und auch das Zielen einfacher ist. Traditionelle Bögen hingegen habe diese vermeintlichen Vorteile nicht, so dass eine stärkere Anpassung des Benutzers an den Bogen erforderlich ist. Trotzdem stellen sich meistens vergleichsweise schnelle Erfolge ein, welche ein längerfristiges und pädagogisch nutzbares Interesse entstehen lassen. In Bezug auf Hahns Theorie dienen Bogenschießübungen dem physischen Training und den damit angestrebten Wirkungen. Aktivitäten die das Thema Bogenschießen betreffen sind auch als Projekte denkbar (dazu mehr beim Thema Projekte).

 

 

2. Schwertkampf: Oft weckt der Anblick schaukampftauglicher, auf einem Waffenständer angebrachter Schwerter ein erstes Interesse am Schwertkampf. Das entsprechende Training wird mit hölzernen Übungsschwertern durchgeführt. Dabei werden zunächst Grundbewegungen für Hiebe und deren Abwehr eingeübt. Im Vordergrund des Trainings steht die Beherrschung der Waffe und, damit einhergehend, die Fähigkeit auf Kommando des Trainers in der jeweiligen Bewegung inne zuhalten. Die Beherrschung eines Schwertes erfordert Konzentration, Ausdauer und körperliches Koordinationsvermögen was das Schwertkampftraining besonders interessant für ADS.- oder ADHS.-Klienten macht. Unter den Gesichtspunkten der hahnschen Theorie dient das Schwertkampftraining ebenfalls dem Aspekt des physischen Trainings.

 

 

3. Handwerksarbeiten mit Holz oder Leder gehören ebenfalls zu den Aktivitäten, die einen schnellen Erfolg versprechen. Einen einfachen Handschutz aus Leder (wird beim Bogenschießen benötigt) anzufertigen erfordert nicht sonderlich viel handwerkliches Geschick, führt aber zu einem schnellen Ergebnis. Andere Lederarbeiten, wie beispielsweise ein lederner Pfeilköcher erfordern mehr Geschick und Geduld. Ist die Motivation für handwerkliches Arbeiten jedoch einmal gefestigt sind auch anspruchsvollere Arbeiten möglich. Handwerkliche Arbeiten mit Holz umfassen zunächst einfache Schnitzereien oder Möbel sowie deren Bemalung oder Verzierung. Für Arbeiten mit Metall steht eine Feldschmiede zur Verfügung um einfache Werkzeuge wie Essbesteck oder Pfeilspitzen herzustellen. Pädagogisch besonders wertvoll an handwerklichen Arbeiten ist das Erleben von Selbstwirksamkeit welches an die Stelle eines passiven Konsumverhaltens tritt. Hinsichtlich der hahnschen Theorie beziehen sich handwerkliche Arbeiten darauf dem Verfall von Sorgsamkeit entgegen zuwirken, welcher sich in der Postmodernen häufig in Form von Schulmüdigkeit oder Leistungsverweigerung manifestiert. Insofern bietet handwerkliches Arbeiten auch die Chance eigene Interessen und Talente zu entdecken.

 

 

4. Tiergestützte Pädagogik:

In Bezug auf den Wikingerhof hat Tiergestützte Pädagogik zwei Ausgangspunkte. Prinzipiell ist der Zugang zu Pferden oder Ponys ein Privileg, welches durch den jeweiligen Klienten erarbeitet werden muss. Die tiergestützte Pädagogik beginnt dementsprechend mit dem Ausmisten der Pferdeställe und der Versorgung der Tiere, sowie der Pflege der Ausrüstung. Wurde dieser Teil erfolgreich bewältigt und somit das Privileg des Reitens durch den Klienten erarbeitet, fungiert das Pferd, einem menschlichen Erzieher nicht ganz unähnlich, als eine Art Reflektionsfläche für die psychischen Dispositionen des Klienten bzw. dessen Persönlichkeit. Anders als bei einem menschlichen Erzieher jedoch, kann sich ein Klient gegenüber einem Pferd nicht verstellen, da das Tier instinktiv die Stimmung des Klienten spürt und darauf unmittelbar reagiert. Auch Übertragungsphänomene sind seltener, so dass Klienten schneller Vertrauen fassen können als gegenüber einem menschlichen Erzieher. Darüber hinaus besteht die Chance, dass Klienten über den Verantwortungsbewussten Umgang mit Tieren zu einem ebensolchen Umgang mit sich selbst finden. Im übertragenen Sinne lässt sich dieser Zusammenhang ebenfalls auf die hahnsche Theorie beziehen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass anstelle des „Dienstes am Mitmenschen“, „Dienst an einem Tier“ geleistet wird.

 

 

5. Projekte und Expeditionen, angelehnt an die Hahnsche Denkweise erfolgen ebenfalls tier- oder handwerksgestützt. Möglich sind beispielsweise Waldpflegeaktionen, welche durch Tiere unterstützt werden oder Wanderungen, die von Tieren begleitet werden. Müll aufzusammeln, der in Waldstücken verstreut ist, wirkt als pädagogische Aktivität auf Kinder und Jugendliche zunächst nicht besonders ansprechend. Wird diese Aktion jedoch von Ponys oder Ziegen begleitet, welche an Packsätteln die Behälter für den aufgesammelten Müll tragen, sieht eine solche Aktion wesentlich interessanter aus. Handwerksunterstützte Projekte lassen sich in Form eines Bogenbauprojektes oder anderer themenorientierter Bauprojekte durchführen. Bogenbauprojekte sind längerfristig angelegt und könnten beispielsweise in Form einer „Schul-AG“ oder an deren Stelle durchgeführt werden.

 

Erstellt von Andreas Poot, Dipl. Sozialarbeiter/Dipl. Sozialpädagoge, am 15.08.2009


 

Literaturverzeichnis:

 

Reiners, A., (1992), Praktische Erlebnispädagogik, ( 2 . Auflage ), München; Fachochschule Fachbereich Sozialwesen.

 

www.Springerlink.com./content/9A5tb2krV81e9iv.

1 Vgl. Reiners 1992 S.2

 

2 Vgl. Reiners 1992 S.3

3 Vgl. Reiners 1992 S.4

4 Vgl. Reiners 1992 S.5

5 Vgl. Reiners 1992 S.6


 

 

 

 
 

 

 
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